Vogtländerin steht im USA-Meisterteam

  • Beitrag veröffentlicht:31. Dezember 2019
  • Beitrags-Kategorie:Aktuelles / Frauen

Heidi Müller begann einst in Schreiersgrün mit dem Fußballspielen. Ihre jüngsten Erfolge feierte die 20-Jährige in Übersee.

Heidi Müller aus Auerbach mit dem Meisterpokal, den sie mit ihrem Collegeteam aus Texas holte.
Heidi Müller aus Auerbach mit dem Meisterpokal, den sie mit ihrem Collegeteam aus Texas holte. Foto: privat
Auerbach. von Marcus Schädlich
Der Kontrast ist für Heidi Müller ein großer. Gerade eben konnte sie noch den milden texanischen Winter genießen oder in Florida im Dezember im Meer baden. Die 20-jährige Auerbacherin studiert in den USA. Und so brachte sie dieser Tage eine für das Vogtland ungewohnte Bräune mit in die Heimat zurück. Und nicht nur das. Viel wichtiger ist etwas Anderes: Sie kann sich seit Ende November US-Meisterin im Fußball nennen. Mit ihrem College gewann sie das landesweite Finale in der höchsten Spielklasse unterhalb der Profiligen.

Damit hat die Vogtländerin vorerst den Höhepunkt einer steilen Karriere hingelegt. Einer Karriere, die beim SV Fronberg Schreiersgrün begann und sich über Reumtengrün, Rebesgrün, Aue und Leipzig fortsetzte. Über den USV Jena wechselte sie zum Bayernligisten FFC Hof, ihrer vorerst letzten Station im deutschen Fußball. Im Sommer wagte die Modellathletin den Schritt ins Ungewisse, als sie sich für ein Studium in den USA bewarb. Damals stand noch längst nicht fest, dass sie den deutschen Winter im Süden der USA verbringen würde, denn Müller wollte nur auf dem Ticket eines Stipendiums studieren.

„Du musstest zunächst ein Bewerbungsvideo aufnehmen und es an die verschiedenen Universitäten und Colleges schicken“, berichtet sie. Die Trainer der Hochschulen antworteten und luden sie zu einem Video-Telefonat ein. Letztlich erhielt sie die Zusage des Tyler Junior College in Texas. Ein Traum ging in Erfüllung. „Ich wollte schon immer einmal in den USA Fußball spielen“, sagt sie. Schon zu den Zeiten, als sie in Leipzig aufs Sportgymnasium ging, galten die Vereinigten Staaten als das Traumland jeder Fußballerin. In nur wenigen Ländern sind die Frauen erfolgreicher als die Männer. In den USA ist das der Fall.

Auch die Sportförderung ist in den Schulen und an den Universitäten eine völlig andere als in Deutschland. Müller spielt beinahe unter Profi-Bedingungen. An manchen Tagen hat sie zwei Trainingseinheiten, dazu noch das Studium. „Das ist schon ganz schön stressig“, sagt sie. Von 6 bis 21 Uhr dauert mancher Tag. Unabhängig, ob eher kühles fränkisches Klima herrschte oder der heiße texanische Sommer – Heidi Müller musste raus auf den Trainingsplatz. „Es war schon anfangs gewöhnungsbedürftig, bei 40 Grad in der Mittagssonne zu trainieren“, sagt sie.

Doch als Stipendiatin ist Leistung gefordert. Denn so ist der Deal: Unterstützung für sportlichen Erfolg. Bislang geht sie in Gegenleistung, denn mit ihrem Collegeteam stand sie nun in den nationalen Finals in Florida. Etwas überrascht war sie trotzdem vom Triumph über alle anderen Colleges/Universitäten des riesigen Landes. „Wir verfügen über eine gute Mannschaft“, sagt sie. „Es war aber keine Mannschaft dabei, die wir einfach so schlagen konnten.“ Die Konkurrenz ist hart, auch in den Staaten.

Dabei ist das noch vergleichsweise einfach – zumindest im Vergleich zum Versuch, das US-Ligensystem zu erklären. Die Struktur unterscheidet sich erheblich vom deutschen System. „Ich hatte während der laufenden Saison noch nicht komplett verstanden, wie das System funktioniert“, gesteht Müller. Kurz gesagt: Ihr Collegeteam spielt in einer eigenen College-Liga, die sich wiederum in drei Klassen aufteilt. Heidi Müller spielt in der höchsten Klasse. Über den Sieg bei der Bundesstaaten-Meisterschaft qualifizierte sich das Team für die Regionalmeisterschaft. Als Regionalmeister ging es dann zum Finale.

Ein Sportligen-System wie in Deutschland existiert außerhalb der College-Meisterschaften nicht, nur eine erste Frauenliga. Das sind die echten Profis. „Das erscheint aber unerreichbar für mich“, sagt Müller. Aber auch so fühlt sie sich fast schon wie ein Profi, denn das College tut unglaublich viel für die Sportler. Physiotherapeuten und Ärzte kümmern sich um die Fußballerinnen. „Es ist schon krass, was uns alles geboten wird“, lobt sie. „Wir erhalten alles, was wir uns für unseren Sport auch nur vorstellen können.“ Das geht sogar so weit, dass sie sich in der Mensa nicht in der Schlange anstellen muss, sondern sich vordrängeln darf.

Von solchen Bedingungen können selbst Frauenfußball-Zweitligisten in Deutschland nur träumen. „Endlich bekomme ich mal zurück, was ich die gesamten Jahre in den Sport gesteckt habe“, sagt Heidi Müller. Insofern war ihr Weg beinahe vorgezeichnet. Aber entwickelt sie sich auch sportlich weiter? Das Team sei taktisch nicht auf einem so hohen Niveau wie der FFC Hof. „Das Spiel ist aber physischer“, sagt Müller. „Darauf wird ein größerer Wert gelegt als in Deutschland.“ Zudem spielten die technischen Fertigkeiten eine große Rolle.

Ob sie nach einem Jahr wieder zurück nach Deutschland kommt oder vier Jahre in Texas studiert, lässt sie offen. „Nach einem Jahr ziehen ich ein Fazit und entscheide, wie es weitergeht.“ Aus ihrer Stimme ist herauszuhören, dass die Freude an den Bedingungen so groß ist, dass eine Rückkehr nach einem Jahr eher die zweitbeste Lösung ist. Die Vogtländerin will aber definitiv nach Abschluss ihres Studiums nach Deutschland zurückkehren. Trotz der tieferen Temperaturen. Vorerst hat sie noch beides: bis zum 11. Januar den vogtländischen Winter, danach das angenehme texanische Klima.

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