Manager hält nichts von Geisterspielen

  • Beitrag veröffentlicht:9. April 2020
  • Beitrags-Kategorie:Aktuelles
Auerbach.Liefe das Osterwochenende nach Plan, so hätten Spieler und Verantwortliche des VfB Auerbach gerade gut zu tun gehabt. Am Samstag sollte auf dem Diesterwegplatz das große Qualifikationsturnier für den Cordial-Cup der Altersklasse U 11 mit 20 Mannschaften aus ganz Deutschland stattfinden, am Sonntag war das Auswärtsspiel der Fußball-Regionalliga bei Wacker Nordhausen angesetzt. Da in Corona-Zeiten aber halt nichts normal verläuft, sorgen die Auerbacher Kicker derzeit nur neben dem Platz für Aufmerksamkeit – durch eine Blutspendenaktion zum Beispiel oder mit Hilfseinsätzen bei Sponsoren. Der Trainings- und Spielbetrieb ruht dagegen, und das wird nach Auffassung von VfB-Manager Volkhardt Kramer auch noch einige Zeit so bleiben. Für Funktionäre, Aktive und Anhänger ist das eine Geduldsprobe, die einen Aspekt des Fußballsports verdeutlicht, dessen sich nach Kramers Auffassung sonst die wenigsten bewusst sind: „Der Fußball ist für das Glücks- und Lebensgefühl vieler Menschen ebenso wichtig wie Kino, Theater oder Konzerte. Das sollte man nicht unterschätzen.“

Dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) vor wenigen Tagen den Weg dafür frei machte, die aktuell unterbrochene Saison 2019/20 über das eigentliche Spielzeit-Ende am 30. Juni hinaus zu verlängern, findet Kramers ausdrückliche Zustimmung. „Das gibt uns eine gewisse Sicherheit und einen Spielraum, was die Vertragsgestaltung mit unseren Spielern betrifft. Die Verträge laufen ja normalerweise mit Saisonende aus.“ Wie alle Regionalligavereine war auch der VfB Auerbach aufgefordert, seine Meinung zum weiteren Vorgehen beim Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) abzugeben. Die der Vogtländer ist eindeutig: „Wir sprechen uns ganz klar dafür aus, die Saison zu Ende zu spielen. Lieber eine Entscheidung auf dem grünen Rasen als eine am grünen Tisch.“ Dass der VfB in dieser Frage mit einem Seitenblick auf die Tabelle taktiert, kann man getrost ausschließen: Als Tabellen-Neunter steht Auerbach genau in der Mitte der 18 Teams umfassenden Regionalliga Nordost mit gehörigem Abstand sowohl zu den Spitzen- als auch zu den Abstiegsplätzen.

Überhaupt nichts hält der Auerbacher Manager von Gedankenspielen, die Saison 2019/20 möglicherweise bis in den Herbst zu verlängern und dafür gänzlich auf die Spielzeit 2020/21 zu verzichten. „Ich habe von solchen Ideen gehört und kann dazu nur sagen: Das wäre die totale Katastrophe. Das können vielleicht ein paar Großstadtclubs überbrücken, aber die meisten Vereine würden das nicht überstehen. Was sollen wir denn in dieser Zeit mit unseren Spielern machen? Wir haben zwar keine Vollprofis, die meisten arbeiten in Minijobs, aber wir müssen sie ja trotzdem weiter bezahlen.“ Kramer befürchtet, dass mit dem Verzicht auf eine Spielzeit Strukturen zusammenbrechen. „Plattgemacht ist schnell. Also lieber jetzt die eine oder andere Kröte schlucken, als sich mit solchen Dingen zu beschäftigen.“

Und auch von einer weiteren Idee, die derzeit von der Bundesliga bis zur Regionalliga eifrig diskutiert wird, hält der VfB-Manager nichts: der schnellstmöglichen Wiederaufnahme des Spielbetriebs, indem man auf Zuschauer verzichtet – also die Austragung sogenannter Geisterspiele. „Wir sind wie viele der kleineren Vereine auf die Zuschauereinnahmen angewiesen. Vorstellbar ist doch zum Beispiel die Begrenzung auf ein Fünftel der normalen Kapazität.“ Beim VfB Auerbach wären das bei 5000 Plätzen im Stadion maximal 1000 Besucher – eine Zahl, die der Verein ohnehin selten in der Saison erreicht. „Auf Stehplätze müsste verzichtet werden. Mit Sitzkissen oder Ähnlichem dafür sorgen, dass die Menschen weit genug auseinander sitzen, dass der empfohlene Sicherheitsabstand eingehalten wird, ist organisierbar.“

Zunächst einmal fair klingt das Entgegenkommen, das der DFB Vereinen gegenüber zeigt, die durch die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Coronakrise Insolvenz anmelden. Sie müssen zumindest in dieser Saison nicht den üblichen Abzug von neun Punkten befürchten, dürfen ohnehin auf Milde durch die Sportgerichtsbarkeit hoffen. Volkhardt Kramer sieht diese Ankündigung des DFB allerdings skeptisch. „Ich war etwas überrascht, dass so schnell das Thema Insolvenzen zur Sprache kam. Ich befürchte, das könnten einige Vereine, die bereits länger über ihre Verhältnisse leben und deswegen in Schieflage geraten sind, als Ratschlag empfinden.“ In der Tat sind solche Überlegungen zum Beispiel beim Drittligisten 1. FC Kaiserslautern, den ein Schuldenberg von rund 20 Millionen Euro drücken soll, bekannt geworden.

Während die Vereine der Bundesligen in den vergangenen Tagen vorsichtig den Trainingsbetrieb – zunächst nur in kleinen Gruppen – aufgenommen haben, ruht beim VfB Auerbach der Ball. „Wir halten die Füße noch bis nächste Woche still. Ich rechne damit, dass der NOFV nach Ostern eine Entscheidung trifft, die uns die Rückkehr in den Trainingsbetrieb ermöglicht“, sagt Kramer. An Punktspiele ist damit allerdings noch nicht zu denken. „Da brauchen wir noch mindestens 14 Tage Vorlauf.“

Vollkommene Ruhe herrscht aber auch bislang nicht im VfB-Stadion, obwohl die 24 Vertragsspieler zu Hause bleiben müssen und sich dort versuchen, in Form zu halten. Der Verein arbeitet indes mit seinen technischen Beschäftigten weiter an der Modernisierung des Stadions. Mit einer Ausnahme: der unendlichen Geschichte neue Anzeigetafel. Nachdem das Gestell dafür endlich steht und eine nötige Korrektur daran erfolgt ist, wäre das derzeitige sonnige, trockene Wetter ideal, die empfindliche Elektronik zu installieren. „Das sollte eigentlich die Goldbeck-Lehrwerkstatt übernehmen, doch der Lehrmeister sitzt nun wegen Corona zu Hause…“, hebt Kramer die Hände. Aber er bleibt Optimist: „Bis zum nächsten Heimspiel läuft die Tafel hoffentlich.“

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