Mit Robur und Trabi: Als die BSG Aktivist Grenzen überwand

  • Beitrag veröffentlicht:4. Dezember 2019
  • Beitrags-Kategorie:Aktuelles
Bobenneukirchen.Auch wenn es keiner beweisen kann: Der 28. November 1989 ist wahrscheinlich ein historisches Datum in den Beziehungen zwischen den damals noch existierenden beiden deutschen Staaten DDR und Bundesrepublik Deutschland. Zumindest eines ist sicher: An dem Tag standen sich in Oberfranken mit dem Zentralverein (ZV) Feilitzsch und der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Aktivist Bobenneukirchen nach Jahrzehnten Pause erstmals wieder ein bayerischer und ein sächsischer Verein zum Freundschaftsspiel gegenüber. Die Aktiven von damals verbindet seitdem eine enge Sportfreundschaft, das Spiel vor 30 Jahren war am Wochenende Anlass zu einem Treffen in der Turnhalle Feilitzsch, bei dem die Erinnerungen an 1989 schnell wieder auflebten.

„Lasst uns heute dieses Jubiläum feiern, so jung kommen wir nie wieder zusammen. Schön, dass ihr damals nach Feilitzsch abgebogen seid“, begrüßte der Feilitzscher Bürgermeister Franz Hernandez seine Gäste. Und er vergaß nicht, Jochen Vollert zu erwähnen. Der langjährige ZV-Trainer und damalige Grenzbeamte stellte am 13. November 1989, nur einen Tag nach der Grenzöffnung in Ullitz, den ersten Kontakt mit den Bobenneukirchenern her. „Fahrt durch Trogen und meldet euch bei der Metzgerei in Feilitzsch“, so sein entscheidender Hinweis.

Gesagt, getan. Am 20. November fuhr Trainer Friedhold Chemnitzer mit Ulrich Rödel, Steffen Illner und Egon Kießling von der BSG Aktivist mit dem Trabant ins zwölf Kilometer entfernte Feilitzsch, und es kam zu Gesprächen mit den Verantwortlichen des ZV. Dort stießen sie sofort auf offene Ohren. Man machte gleich Nägel mit Köpfen und vereinbarte ein Freundschaftsspiel. Da beide Mannschaften noch im Punktspielbetrieb standen, kam nur ein Wochentag infrage. Man einigte sich auf Dienstag, 28. November. Hernandez: „Ein historisches und legendäres Datum. Ob es das erste Aufeinandertreffen zweier Vereine jenseits der Grenze nach dem Mauerfall war, ist nicht bekannt oder bewiesen, aber wohl doch eher wahrscheinlich.“

Am Spieltag reisten die „Bobener“ mit einem alten LPG-Bus der Marke Robur an, zwar ohne Wechselspieler, doch dafür brachten sie ihren Schiedsrichter Wolfgang Jahn mit. Da der Grenzübergang nur für Pkw durchlässig war, wäre das Unterfangen fast gescheitert. Dem Verhandlungsgeschick des Bobenneukirchener LPG-Chefs Günter Natusch mit den Grenzern war es zu verdanken, dass die letztlich beide Augen zudrückten und den Bus passieren ließen.

Trotz Kälte und widriger Bedingungen zog es zahlreiche Besucher auf die schneebedeckte Sportanlage. Viele Bobenneukirchener reisten mit dem Auto, ja sogar mit dem Fahrrad an. Die Gäste waren in einer äußerst fairen Partie trotz des ungewohnten Flutlichts die bessere Mannschaft und führten durch Tore von Ulrich Rödel (2), Steffen Illner und Steffen Reichelt 4:0. Den Ehrentreffer erzielte Köppel.

Das Ergebnis war am Ende aber Nebensache. Bei der anschließenden sogenannten Kennenlernparty ging in der Vereinsgaststätte in der Turnhalle die Post ab. Es entstanden erste Bekanntschaften und Freundschaften. Dabei zeigte sich, dass es beim Feiern kaum Unterschiede zwischen Oberfranken und Vogtländern gab. Auch zum Wiedersehen am Freitag wurden wie beim ersten Treffen zahlreiche Anekdoten ausgetauscht, es wurde musiziert und gesungen, diesmal mit dem Bobenneukirchener Männerchor unter der Leitung von Siegmar Kasperski, der vor 30 Jahren dem Team der BSG Aktivist angehörte.

In den 30 Jahren seit dem 28. November 1989 prägten viele gegenseitige Besuche, unvergessliche Feierlichkeiten, sportliche Vergleiche, aber auch die jährlichen Zeltlager von Nachwuchsspielern am Auensee den Zusammenhalt beider Vereine. Keiner würde daher dem Bobenneukirchener Bürgermeister Berthold Valentin wiedersprechen, der einschätzte: „In der großen Politik wurden sicherlich Fehler begangen, wir haben aber an der Basis im Miteinander und im Zusammenleben vieles richtig gemacht.“ Sein Feilitzscher Kollege fand ein treffendes Schlusswort: „Wir haben Freunde fürs Leben gefunden. Hoffen wir, dass dies noch lange so bleibt und auch von der nächsten Generation übernommen wird.“

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