1,0-Abiturient schafft Sprung in die Junioren-Bundesliga

Dass ein Fußballschiedsrichter das Abitur hat, ist sicher keine Seltenheit. Dass er aber eine 1,0 auf dem Reifezeugnis vorweisen kann, ist schon etwas Besonderes. Paul Werrmann gehörte zu den sieben Plauener Abiturienten des Jahrgangs 2017/2018, die deshalb eine Ehrenurkunde im Sächsischen Staatsministerium erhielten. Doch der 18-Jährige hatte nicht nur die Schule und das Lernen im Kopf. Er hat sich nebenbei zum Schiedsrichter entwickelt und darf in diesem Monat zum ersten Mal bei einem Spiel der A-Junioren-Bundesliga an der Seitenlinie stehen. Zunächst ist er jedoch erst einmal in der Oberliga tätig. Am Samstag ist er beim Spiel des FC EinheitRudolstadt gegen den VfL Halle als Schiedsrichterassistent im Einsatz.

Sechs Jahre lang spielte der Plauener selbst Fußball beim VFC. „Aber ich merkte schließlich, dass es für die ganz große Karriere nicht reicht“, gibt er ehrlich zu. Damals verfolgte er schon das Geschehen in der Bundesliga und somit auch alles, was mit der Schiedsrichterei zu tun hat. „Ich begann, Lehrgänge zu besuchen, mir theoretisches Wissen anzueignen und legte Prüfungen ab.“ Mit zwölf Jahren pfiff er jede Woche ein Spiel der C-Jugend. Als er 15 war, stand er bereits bei den Spielen der Männer in der Vogtlandklasse an der Linie. „Ich war zwar ein bisschen nervös, habe es aber ganz gut gemeistert, weil ich schon selbstbewusst war und Manfred Jahn an meiner Seite hatte“, sagt er.

Mit 16 war er Referee in der Landesklasse und die beiden vergangenen Jahre in der Bezirksliga. „Natürlich saß immer ein Beobachter dabei, wertete meine Leistung hinterher aus, und es gab eine Note“, klärt er auf. Es gebe auch bei den Schiedsrichtern Auf- und Absteiger, je nach Leistung, erklärt er. Bei den vielen Lehrgängen, die er besuchte, lernte Paul Werrmann unter anderem alles über Regelwerk, Foulspiel, Strafen, Gebrauch der Karten und die Art und Weise, wie man mit den Spielern umgehen muss. „Als Schiedsrichter darf ich nicht den großen Diktator raushängen lassen, muss auch gut mit den Assistenten zusammenarbeiten“, weiß er. Um Ausdauer, Fitness und den richtige Laufstil zu trainieren, gehörte der Plauener zu den zehn ausgewählten sächsischen Schiedsrichtern aus allen Spielklassen, die in jüngster Zeit regelmäßig an speziellen Schulungen teilnahmen.

Mit dem „Du“ und dem „Sie“ auf dem Sportplatz sei es auch so eine Sache. „Wenn ich jemanden laut rügen oder bestrafen muss, sodass es alle hören, sage ich Sie zu ihm. Bei einer Kleinigkeit im Vorübergehen genügt ein Du“, verrät er.

Zu Krawallen und Anfeindungen bei Fußballspielen befragt, sagt er: „Ich selbst habe mich noch nicht so viel herumärgern müssen. Aber es gibt schon in den unteren Spielklassen und vor allem bei Spielen der Kinder immer wieder Eltern, die ausrasten, herumschreien, sich sogar prügeln und auch den Schiedsrichter beleidigen.“ Wenn so etwas passieren sollte, werde er versuchen, ruhig und mit Bedacht auf die Zuschauer einzuwirken. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft habe er mit dem einzigen deutschen Schiedsrichter Felix Brych gelitten, weil der vorzeitig nach Hause geschickt wurde. „Der Videoschiedsrichter hat ihn im Stich gelassen, und Brych wurde dafür bestraft“, kritisiert er. Der Mann ist von Beruf Jurist, und das will Paul Werrmann auch werden. „Rechtsanwalt und Schiedsrichter passen gut zusammen“, sagt er. Er beginnt demnächst in Leipzig ein Jurastudium.

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