Oberligisten bangen um ihre Existenz

  • Beitrag veröffentlicht:24. November 2020
  • Beitrags-Kategorie:Aktuelles
Plauen.

Den einen Tag auf Wolke 7, den nächsten Tag hart gelandet – so erging es dem Fußball-Oberligisten VFC Plauen vor gut drei Wochen. Am 31. Oktober gewann er sein Punktspiel beim FC International Leipzig 2:1, in der folgenden Woche ging er wie alle Amateursportvereine in die bis heute andauernde coronabedingte Zwangspause bei Trainings- und Spielbetrieb, deren Ende gegenwärtig nicht absehbar ist. Eine Situation, die den Verein in seiner Existenz bedrohen könnte. Weil es den anderen sächsischen Oberligisten FC Grimma, FC Eilenburg, FC Oberlausitz Neugersdorf und FC International Leipzig nicht anders geht, wandten sie sich gemeinsam mit einem offenen Brief und der Bitte um Unterstützung an die sächsische Landesregierung. Die Initiative dazu ging von den Plauenern aus.

„Die Lage ist für uns schon sehr schwierig. Wir haben jetzt seit Wochen keine Einnahmen aus Kartenverkauf und Catering im Stadion. Auf die sind wir aber angewiesen, denn Gehälter und andere Kosten fließen ja weiter. Unsere Spieler, denen wir einen Zuschuss zahlen, können ja auch nicht wie Profis in Kurzarbeit gehen“, sagt Vorstandsmitglied Eric Holtschke, der das Schreiben verfasste. Die Forderung, möglichst schnell zu einem geordneten Trainings- und Spielbetrieb mit Zuschauerbeteiligung zurückkehren zu können, teilen die sächsischen Oberligisten mit der Führung des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV). „Wir hatten uns dazu mit dem NOFV verständigt, der unser Schreiben unterstützt. Ich gehe davon aus, dass auch die Vereine der anderen Landesverbände unserer Liga wie zum Beispiel die Thüringer ähnliche Schritte ergreifen“, so Eric Holtschke.

Große Illusionen machen sich die Plauener und ihre sächsischen Oberliga-Kollegen allerdings nicht. Vieles deutet auf eine Verlängerung der gegenwärtigen Einschränkungen hin. „Ausreichend Gründe dafür sehen wir nicht“, kommentiert das Eric Holtschke. „Wir und auch die anderen Vereine haben mehrere Konzepte erarbeitet, um mit den Anforderungen der Pandemie klarzukommen. Wir haben diese auch mehrfach angepasst. Das reicht vom Sperren von Waschbecken und Toiletten bis hin zum Einbahnstraßensystem im Stadion. Nachweislich gibt es bei uns im Verein keinen Fall, dass sich jemand im Zusammenhang mit dem Fußballtraining oder -spielen mit Corona infiziert hat.“

Ganz gleich, wie die Politik jetzt entscheidet: Oberligafußball wird es wohl so schnell nicht wieder geben. Schließlich können die Spieler nach mehrwöchigem Trainingsausfall nicht von heute auf morgen einen Kaltstart hinlegen.


„Der Ball soll rollen“ – eine Initiative der sächsischen Fußball-Oberligisten

Der offene Brief an Ministerpräsident Michael Kretschmer hat folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmer, mit diesem Schreiben wenden sich alle fünf sächsischen Fußballvereine, die in der Oberliga

Süd des Nordostdeutschen Fußballverbandes e. V. – der fünfthöchsten deutschen Spielklasse – beheimatet sind, an Sie, mit der Bitte, schnellstmöglich eine Rückkehr zum geordneten Trainings- und Spielbetrieb unter Zuschauerbeteiligung sowohl im Herren- als auch im Nachwuchsbereich zu ermöglichen.

Die fünf Fußballvereine, die auch für ihre rund 1500 Mitglieder sprechen, sehen sportliche Aktivität als Stützpfeiler einer Gesellschaft, die einen aktiven Beitrag dazu leistet, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene ein gesundes Leben führen können. Sport stärkt das Immunsystem und stellt somit eine wichtige Präventionsmaßnahme im Kampf gegen COVID-19 dar.

Zusätzlich sorgt die gemeinsame Bewegung für viele positive Momente gerade im Nachwuchsbereich.

Darüber hinaus haben die Vereine seit dem Abbruch der Saison im Frühjahr 2020 große Kraftanstrengungen dahingehend unternommen, dass in Rücksprache mit den lokalen Gesundheitsämtern Hygienekonzepte eingereicht und entsprechende -maßnahmen umgesetzt worden sind, die auch finanziell nicht unerheblich waren. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ist der Amateursport mit seinen abertausenden Mitgliedern nun erneut der Leidtragende des Teil-Shutdowns, obwohl Prof. Dr. Tim Meyer, ein anerkannter Experte und Leiter der

Medizinischen Kommission des DFB, bereits darlegen konnte, dass der Fußball keinen Infektionsherd darstellt, was wir durch unsere Erfahrungen durchaus bestätigen können. Keine der Mannschaften hatte bislang einen positiven Corona-Fall, der auf eine Ansteckung durch den Fußballsport zurückgeht.

Des Weiteren stellt die Einstellung des Spiel- und Trainingsbetriebes die Vereine vor eine extrem schwierige wirtschaftliche Lage. Insbesondere im Amateursportbereich leben wir von den Einnahmen, die durch die Fans und Zuschauer in den Spielen beim Ticketverkauf oder im Catering erzielt werden. Bei einer noch längeren Zwangspause sehen wir die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vieler dieser Vereine und folglich ihre Existenz bedroht, stellen doch aber gerade diese Vereine im Ehrenamt eine wichtige Säule für die zahlreichen Kinder in den vielen Nachwuchsteams in den Städten und Landkreises unseres Landes dar. Darüber hinaus befinden sich viele Firmen und Unterstützer, die mit ihrem Sponsoring oder ihrer Spende den Amateurvereinen behilflich sind, ebenfalls in ökonomischen Zwängen durch Rückgang der Auftragslage, durch behördlich angeordnete Geschäftsschließungen oder durch fehlendes Personal in Zuge von Erkrankungen, sodass auch hier der finanzielle Druck auf die Vereine steigt.

Die hier unterzeichnenden Vereine bitten die Sächsische Staatsregierung in Person von Herrn Ministerpräsidenten Michael Kretschmer um wohlwollende Prüfung sowie Lösungsvorschläge in diesem Sachverhalt sowie um finanzielle Unterstützung in diesen schwierigen Zeiten.“

Gezeichnet von FC Eilenburg, FC Grimma, FC International Leipzig, FC Oberlausitz Neugersdorf, VFC Plauen

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