Rückkehrer Horschig fehlt noch Kraft

Auerbach.Eine Stunde lang hielt die Kraft, dann musste Paul Horschig am Samstag runter vom Feld. Gerade zu dem Zeitpunkt, als der VfB Auerbach einem 0:1-Rückstand gegen Tennis Borussia Berlin in der Fußball-Regionalliga hinterherlief und einen wie Horschig benötigte. Also Spieler, die über genug höherklassige Erfahrung verfügen, obwohl Horschig mit seinen 20 Jahren zur jungen Auerbacher Garde zählt. Doch bei ihm ging nichts mehr, die Luft war raus, der Akku leer.

„Ich bin noch nicht bei 100 Prozent“, gab der Mittelfeldspieler offen zu. Doch die verbliebenen Auerbacher Spieler aus dem dünnen Kader hatten noch genug Kraft, um mit einem späten Treffer einen Punkt im Kampf um den Klassenerhalt zu retten und damit auch Paul Horschig auf der Bank jubeln zu lassen. „Den Punkt nehmen wir natürlich gern mit“, sagt er.

Auch weil dadurch ein vermeintlicher Konkurrent im voraussichtlich so engen Rennen gegen den Abstieg auf Distanz gehalten wird. Ob der Aufsteiger aus Berlin noch lange im Keller bleibt, ist allerdings nach dem Spiel in Auerbach durchaus fraglich: Tebe präsentierte sich als spielerisch starke Mannschaft. Allein schon der Führungstreffer war eine Augenweide, auch wenn die Auerbacher die Gäste recht unbehelligt gewähren ließen.

„Sie haben zwar das Spiel gemacht, wir hatten aber trotzdem die besseren Chancen“, berichtet Horschig. Er muss es wissen, hatte er doch die dickste Chance auf dem Fuß, als er nach über einer Stunde völlig frei aus kurzer Distanz zum Abschluss kam. „Ich war überrascht davon, dass der Ball überhaupt noch durchkommt und habe ihn dann nicht richtig erwischt“, sagt der Auerbacher Frühsommer-Abgang und Spätsommer-Neuzugang.

Der vergangene Saison von Erzgebirge Aue ausgeliehene und dorthin zurückgekehrte Horschig war erst vor drei Wochen zum VfB gestoßen, nachdem er sich nicht für den Auer Zweitligakader oder einen anderen Drittligisten empfehlen konnte. Nach einer starken Saison in der Regionalliga für den VfB wollte Horschig eigentlich eine Liga höher anklopfen. Ohne Erfolg – und mit einer bitteren Folge: „Seit dem Abbruch der Saison im März habe ich nur unregelmäßig trainiert“, sagt er. „Mal da, mal dort. Ich habe keine Ruhe gefunden. Jetzt bin ich froh, dass ich zurück in Auerbach bin und langsam wieder zurückkommen.“ Zurück dahin, wo er im Frühjahr aufgehört hatte und den VfB-Fans viel Freude als zweikampfstarker zentraler Mittelfeldspieler bereitet hatte. Womöglich kehrt mit steigender Fitness auch die Torgefahr zurück.

Der Führungstreffer hätte dem VfB in der Phase, als Horschig die Megachance auf dem Fuß hatte, gut getan. Das Auerbacher Spiel hängt weitgehend von der Treffsicherheit von Torjäger Marc-Philipp Zimmermann ab und eben von Überraschungsmomenten der anderen Spieler. Zimmermann fehlten am Samstag über weite Strecken jene Gedankenschnelle und Entschlossenheit, die den Torschützenkönig der vergangenen Regionalliga-Saison auszeichnen. Hinzu kam kein Glück im Abschluss wie in der Schlussphase der zweiten Halbzeit, als Gästekeeper Fikisi eine Zimmermann-Direktabnahme mit einem erstaunlichen Reflex von der Linie kratzte.

„Wir hatten schon extrem viele Torchancen“, sagt Paul Horschig. Nur ohne Erfolg bis zu dem Zeitpunkt, als die Hoffnungen schon weitgehend geschwunden waren. Doch Zimmermann nutzte einen Moment der Unaufmerksamkeit in der Berliner Defensive und schmuggelte sich davon, um aus Kurzdistanz einen Schlosser-Freistoß über die Linie zu köpfen (90.+3).

Ein Happy End einer hektischen und dramatischen zweiten Halbzeit, die Paul Horschig weitgehend von der Bank anschauen musste. Nur ist es für ihn eine Perspektive, immer nur für eine Stunde Kraft zu haben? „Ich war heute auch nicht gut im Spiel. Vielleicht hätte mir das Tor weitergeholfen“, sagt er und blickt voraus: „Mit jedem Spiel komme ich einen Schritt weiter. Ich arbeite jeden Tag daran, zurück zu alter Form zu finden.“ Dabei kommen ihm die nächsten Tage entgegen, denn Fitness durch Spielpraxis ist dann doch der beste Weg. Schon am Mittwoch tritt der VfB erneut gegen ein Berliner Team an.

Dann geht die Fahrt zum SV Lichtenberg. Anstoß ist 16.30 Uhr, was zur Folge hat, dass sich die Auerbacher entweder Freistellungen von Arbeitgeber oder Schule besorgen müssen oder einen Tag Urlaub nehmen. „Wir sitzen dann vier Stunden im Bus. Da wollen wir schon etwas mitnehmen“, sagt Horschig. Der enge Platz des Gegners dürfte dem VfB womöglich sogar entgegenkommen, denn das Spielfeld ist vergleichbar mit dem in der Auerbacher Arena zur Vogtlandweide. „Natürlich haben Mannschaften, die ein großes Feld gewohnt sind, bei uns Probleme“, sagt Horschig und verweist auch auf Tennis Borussia am Samstag.

Die Spielintensität war hoch und dürfte schon ein Vorgeschmack auf die Spiele gegen Lichtenberg und Meuselwitz (Samstag, 13.30 Uhr) sein. „Natürlich ist es in dieser Saison sehr schwer in der Regionalliga“, sagt Horschig. „Aber der Vorteil ist, dass alle Teams schlagbar sind. Es gibt keine Übermannschaften.“ Und dass sich eine hohe Einsatzbereitschaft bis weit in die Nachspielzeit hinein auszahlen kann, diese Erkenntnis haben die Auerbacher Spieler am Samstag kennengelernt.

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