Lila Sachen kommen nicht ins Haus

  • Beitrag veröffentlicht:6. Januar 2021
  • Beitrags-Kategorie:Aktuelles
Juchhöh.Wenn es so etwas wie das Gedächtnis des FSV Zwickau gibt, dann ist das der Vogtländer Frank Lämmerhirt. Der wohnt vor den Toren der Stadt Oelsnitz in Juchhöh und hat in hunderten von Aktenordnern aufbewahrt, was die Tagespresse seit den sechziger Jahren über seinen Lieblingsfußballverein veröffentlichte. Ein Extra-Zimmer und der Keller beherbergen Lesestoff ohne Ende. Damit beschäftigt er sich beileibe nicht nur selbst: „Mich erreichen mittlerweile über Facebook immer wieder mal Anfragen von Leuten, die irgendetwas Bestimmtes wissen wollen“, erzählt der 56-Jährige, der bisher stets nachschlagen und weiterhelfen konnte.

Erstmals in Kontakt mit der damaligen BSG Sachsenring Zwickau kam Lämmerhirt als Jugendlicher. „Ich war elf Jahre alt, mein Vater nahm mich 1975 mit zum Spiel der Zwickauer gegen den 1. FC Magdeburg, das damals zum Duell Jürgen gegen Jürgen hochstilisiert wurde: Jürgen Croy im Zwickauer Tor gegen Magdeburgs Stürmer Jürgen Sparwasser. Zu der Zeit waren beide Nationalspieler und WM-Teilnehmer. Zwickau gewann durch ein Tor von Peter Henschel 1:0. Jürgen Croy bot eine Glanzleistung und wurde nach dem Abpfiff von Wolfhardt Kupfer fürs DDR-Fernsehen interviewt.“

Von da an verfolgte der von seinen Freunden kurz und bündig „Lämmi“ genannte Vogtländer intensiv die Spiele der Rot-Weißen, zunächst oft am Radio und im Fernsehen. Mittlerweile hat er hunderte Begegnungen im Stadion erlebt. Höhepunkte waren das Europapokalspiel gegen Celtic Glasgow im März 1976, das Zwickau 1:0 gewann, oder das ebenfalls 1:0 gewonnene Relegationsspiel zum Drittliga-Aufstieg im Mai 2016 im Plauener Vogtlandstadion gegen Elversberg.

Viele Spieler, Trainer und Funktionäre hat der heute als Filialleiter eines Kreditinstituts tätige Lämmerhirt kommen und gehen sehen, einige mochte er besonders. „Mein Lieblingsspieler ist und bleibt Hans-Uwe Pilz. Ein absoluter Sportsmann und toller Kicker. Auch Ralf Schneider fand ich klasse. Er ist einer der wenigen Vogtländer, die sich beim FSV durchsetzen konnten.“

Von den Trainern waren es Gerd Schädlich und Nico Quade, die Lämmerhirt heute noch schätzt und denen er auch persönlich näher kam. Schädlich war sogar einmal zu Besuch, als Lämmerhirt noch im Oelsnitzer Ortsteil Raschau lebte und den Keller seines Hauses in ein Fanzimmer umgewandelt hatte. Dort stand Schädlich „Lämmi“ und seinen Kumpels – die bildeten damals einen offiziellen FSV-Fanclub – Rede und Antwort. Nico Quade sah in Frank Lämmerhirt einen verlässlichen Partner, der es schaffte, in finanzschwachen Oberligazeiten dem einen oder anderen FSV-Kicker eine Anstellung zu vermitteln.

In jenen für den Verein schweren Tagen sollte der beim FSV hoch angesehene Vogtländer sogar als einer von drei Fanvertretern in den Verwaltungsrat gewählt werden. Doch „Lämmi“ sagte schweren Herzens ab. Grund: „Es wäre einfach zu wenig Zeit für die Familie geblieben.“ Nebenbei war er zu dieser Zeit noch als Vorstandsmitglied des gerade neu gegründeten SV Merkur Oelsnitz tätig und trainierte dort mit großem Engagement die Frauenmannschaft.

Lämmerhirts gute Kontakte nach Westsachsen verhalfen den Oelsnitzer Fußballern einige Jahre lang zu hochkarätigen Hallenturnieren, bei denen der FSV mit einem Teil der ersten Mannschaft antrat. Zu seinem persönlichem sportlichen Höhepunkt wurde ein Spiel der Hobbymannschaft Schwarz-Gold Raschau – auch bei der hatte der umtriebige Fußballenthusiast seine Hände beziehungsweise Füße im Spiel – gegen eine Oldie-Elf des FSV. „Wir haben 1:5 verloren“, erinnert er sich. „Ausgerechnet mir ist gegen ,Perle‘ Meyer unser einziges Tor gelungen, und ich durfte gegen eine Legende wie Heinz Dietzsch spielen. Der hat immer versucht, mich zu tunneln, was ihm aber nicht gelungen ist. Der Held des Tages war damals unser Torwart Andreas Todt. Der entschärfte einige Schüsse von Andreas Bielau und sagte dann lachend zu ihm: Jaja, gegen Rom war es einfacher!“

Bei allem Spaß: Wer den Werdegang des FSV Zwickau intensiv verfolgt, der weiß, dass es viele schlechte Zeiten gab. Sich vom Verein abzuwenden, kam Frank Lämmerhirt trotzdem nie in den Sinn: „Ein Verein bleibt einem lebenslang, den wechselt man nicht“, sagt er. Das hat auch Gattin Kathrin längst verinnerlicht. Sie nimmt die Begeisterung ihres Mannes mit Humor: „Ich darf eben keine Sachen kaufen, die lila sind“, erzählt sie lachend im Hinblick auf die Vereinsfarben des Zwickauer Erzrivalen FC Erzgebirge Aue. „Ich muss mir immer mal anhören, dass er den Verein schon länger kennt als mich. Das ist seine längste Beziehung, sagt er.“

Und die soll noch lange halten. Doch was wird eigentlich einmal aus Lämmerhirts Archiv? „Mein Sohn hat leider kein Interesse daran, es weiterzuführen. Es soll in gute Hände kommen. Vielleicht gibt es da interessierte Sammler, oder der FSV selbst hat da Interesse.“

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