Auerbach.

Vergeblich hat der VfB Auerbach am Samstagnachmittag auf seinen Hoffenheim-Moment gehofft. Ähnlich wie die TSG, die in der Bundesliga den FC Bayern München wenige Tage zuvor auf dem falschen Fuß erwischt hatte, wollten die Vogtländer auch dem FC Viktoria Berlin ein Bein stellen. Die Berliner dominieren derzeit die Regionalliga ähnlich souverän wie die Bayern in der vergangenen Saison die Bundesliga. Allerdings wurde aus dem erhofften Wochenende des Außenseiters wieder nur ein normaler Spieltag: Der Favorit siegte, wenn auch knapper als vermutet, enger als es das Spiel eigentlich hergab.

Die Auerbacher 2:3-Niederlage wirkt wie ein Spiel auf des Messers Schneide, das es nur wenige Minuten lang war. „Wir haben uns trotzdem gut aus der Affäre gezogen“, sagte VfB-Torjäger Marc-Philipp Zimmermann, der letztlich doch froh war, dass es keine deutliche Niederlage gehagelt hatte. Fraglos wäre auch die im Bereich des Möglichen gewesen.

Bei der Ursachenforschung, weshalb der VfB keinen goldenen Moment erlebte, lassen sich einige Faktoren aufzählen. Zunächst wären da natürlich unterschiedlichen Voraussetzungen, die beide Teams haben. Die Viktoria – mit einer Fußball-Investmentgesellschaft als Hauptgesellschafter im Hintergrund – ist eher gestärkt aus der Coronavirus-Pandemie hervorgegangen. Ein Blick auf den Kader verrät das: Bernd Nehrig, der über 250 Zweitligaspiele in seiner Vita stehen hat und in der Vorsaison noch Kapitän von Eintracht Braunschweig war, saß am Samstag bei den Berlinern nur auf der Bank. Hingegen stockt beim VfB der Wunsch nach einer Verstärkung. Im zentralen Mittelfeld fehlt dem VfB trotz des nahen Endes der Transferperiode noch ein Spieler, ein Mann, der in Spielen wie dem in Lichterfelde auch mal für Ordnung und Ruhe sorgen könnte. Ein Spielertyp wie es Daniel Tarczal in seinen besten Zeiten war.

Doch die Zeit drängt, an diesem Montag müssten die letzten Transfers über die Bühne gehen. VfB-Coach Sven Köhler ist eher skeptisch: „Die Marktlage ist nicht so einfach“, sagt er. Köhler glaubt nicht an einen Wechsel, sondern spekuliert eher auf eine andere Variante. „Vertragslose Spieler können wir auch noch nach dem 5. Oktober verpflichten.“ Die nächsten Tage dürften also in Auerbach einigen Aufschluss über die Kadergestaltung geben. Womöglich wären mit einem weiteren erfahrenen Mann im Mittelfeld auch die Unterschiede am Samstag zwischen der 20. und 75. Minute nicht so groß gewesen.

Was sich in Berlin aber noch gezeigt hatte, war die Tatsache, dass bei Vergleichen zweier ungleicher Gegner der Außenseiter möglichst wenig krasse Fehler machen sollte. Diese unterliefen den Männern von Sven Köhler allerdings. Vermeidbar waren sowohl das 0:1 als auch das 0:2. Beim ersten Auerbacher Gegentreffer sah Philipp Müller alles andere als gut aus. Gegen Falcao wirkte es wie es eben aussieht, wenn ein harter deutscher Verteidiger auf einen leichtfüßigen Brasilianer trifft. Allerdings war Müller in dieser Szene bereits angeschlagen. „Ich bin zuvor umgeknickt, konnte kaum laufen“, sagte er. So war sein Verteidigungsverhalten zu erklären. Für Müller kam kurze Zeit später Eric Träger. Wie schon gegen Meuselwitz eine Woche zuvor spielte er im Abwehrzentrum und zeigte einen ordentlichen Auftritt. „Es ist gut zu wissen, drei Innenverteidiger zu haben, die ich von Anfang an bringen kann“, sagte Köhler. Die Zahl reduziert sich nun auf zwei, denn Müller dürfte vorerst ausfallen. „Ich befürchte, dass es länger dauern wird als vergangene Woche, als ich nur ein paar Tage gefehlt habe.“

Immerhin hat der erfahrene Defensivspieler eine Woche Zeit zur Erholung. Im Sachsenpokalspiel am Sonntag bei Weixdorf dürften weniger die Defensivqualitäten des VfB als die Offensive gefragt sein. Zudem kehrt mit Hendrik Wurr, der in Berlin aufgrund eines privaten Termins gefehlt hatte, wieder zurück.

Aber zurück zum Spiel beim Regionalliga-Spitzenreiter: Dort leistete sich VfB-Keeper Stefan Schmidt einen ungewohnt krassen Fehler vor dem 0:2, als er einen Ball, der eigentlich schon ins Toraus trudeln wollte, im Spiel ließ – allerdings nicht für einen VfB-Konter. Er beförderte den Ball stattdessen direkt vor die Füße von Becker, der sich für das Geschenk bedankte und beim 2:0 nicht mal ausgelassen jubeln wollte.

Einzig bei Daubes Traumtor per Seitfallzieher ließ die Viktoria ihre Abschlussstärke aufblitzen, ansonsten fielen aus der Überlegenheit der Gastgeber heraus keine Tore mehr. Die Berliner hätten den VfB für seine Passivität bitterböse bestrafen können. „Wir haben danach versucht, unser Gesicht zu wahren“, blickte VfB-Coach Sven Köhler auf die Phase nach dem 0:3 und die Berliner Chancen zurück. Der VfB zeigte, dass die Auerbacher Waffen noch scharf waren, nur eben nicht mit dem richtigen Timing. Yannic Voigts Anschlusstreffer nach einem Konter kam vielleicht schon zu spät (80.), Marcel Schlossers direkt verwandelter Freistoß auch (86.). Dem VfB lief die Zeit davon. Die dicke Chance von Zimmermann in der Nachspielzeit war dann doch zu wenig, um noch die Sensation hinzulegen.

Ärgerlich war dennoch die Tatsache, dass zwei Auswärtstore nicht zum Punktgewinn reichten. „Wenn wir schon zwei Tore beim Spitzenreiter schießen, hätte eigentlich mehr rausspringen können“, sagte Zimmermann. Aber immerhin endete die Partie nicht mit einem schlechten Gefühl, sondern mit einem Hoffnungsschimmer: Der VfB kann an hervorragenden Tagen gegen Regionalliga-Spitzenteams bestehen – es muss nur eben alles zu 100 Prozent passen und nicht wie am Samstag nur zu 80 Prozent.