Mit einer Träne im Knopfloch wegen des Abstiegs aus der Fußball-Regionalliga hat Volkhardt Kramer sein Amt als Organisator und Manager beim VfB abgegeben. In 49 Jahren hat „VK“ vier Aufstiege gefeiert.

Auerbach.Er ist nicht weg, aber der „Mister VfB Auerbach“ tritt mit 71 Lenzen nun beim Verein für Bewegungsspiele ein bisschen kürzer. Stolze 49 Jahre hat er als aktiver Fußballer, Trainer und Organisator für den VfB gewirkt, 26 Jahre lang mit Frau Katrin an seiner Seite. Künftig wird das Amt auf mehrere Schultern im Vorstand verteilt. Die Geschäftsstelle ist vom Erdgeschoss im Wohnhaus der Kramers in die Innenstadt (Am Neumarkt 5), wo Sohn Uwe einen Sportshop und Vorstand Erik Jung eine Anwaltskanzlei betreiben, umgezogen. Damit verlieren die Vogtländer ein Alleinstellungsmerkmal. „Durch die transportablen Telefone im Haus hatte die Geschäftsstelle des VfB eine längere Erreichbarkeit als die des FC Bayern. Der Übergang von Arbeit zu privat war fließend. Auch im Garten und in der Wohnung sind wir dienstlich erreichbar gewesen“, sagt Kramer und schmunzelt dabei.

Typisch „VK“, wie ihn die meisten im Verein nennen. Er hat den VfB über viele Jahre geprägt und das kleine Auerbach von einer „Tresenmannschaft“ in der Bezirksklasse, wie er sagt, zu einem Regionalligisten geformt. Dabei wurde er von vielen ehrenamtlichen Mitstreitern im Hintergrund unterstützt. Der Aufstieg 2012 bescherte den Fans im Vogtland traditionsreiche Clubs wie Lok Leipzig, den Chemnitzer FC, Energie Cottbus, den BFC Dynamo oder Carl Zeiss Jena. Und der viermalige Opa hätte sicher weniger Probleme, nach diesen Erfolgen loszulassen. Zumal sich unter seiner Führung der einstige Fußballplatz am Ziegeleiweg, wo sich die Spieler im Keller unter der Gaststätte umziehen und die Torhüter am Eingang den Kopf einziehen mussten, zu einem schmucken Stadion herausputzte. „Dass mein Abschied mit dem Abstieg einhergeht, schmerzt schon. So eine Saison erlebt niemand gern“, sagt Kramer rückblickend auf eine Spielzeit, die mit nur fünf Siegen, 23 Zählern und 95 Gegentoren auf dem vorletzten Tabellenplatz im Abstieg mündete.

„Im Sommer waren wir mehrheitlich der Meinung, dass der Kader regionalligatauglich ist“, erzählt Kramer. Besonders enttäuschend: Ausgerechnet jene Spieler, die eine höhere Qualität ins Team einbringen sollten, konnten die Erwartungen nicht erfüllen. Gemeint sind Akteure, die ihre Lehrzeit im Nachwuchs von großen Clubs wie zum Beispiel Dynamo Dresden, Erzgebirge Aue oder Energie Cottbus absolvierten, dort zum Teil mit den Profis trainierten. „Doch die letzte Saison hat mir gezeigt, dass charakterliche Eignung und mentale Stärke neben dem Fußball sehr wichtig sind“, sagt Kramer nachdenklich. Bei der kritischen Analyse nimmt er sich nicht aus. „Ich habe bei allen Spielern letztlich meine Unterschrift unter den Vertrag gesetzt. Und so, wie ich nicht viermal allein aufgestiegen bin, mussten wir uns alle nach dem Abstieg hinterfragen.“

Am Sonntag beginnt nun bei Union Sandersdorf die neue Saison in der Oberliga. Mit Trainer Sven Köhler sowie einer runderneuerten, jungen und hungrigen Mannschaft, die bereits am 3. Spieltag (19. August, 19 Uhr) unter Flutlicht den VFC Plauen im Vogtlandderby empfängt. Kramer, der den VfB im Marketing- und Sponsoringbereich weiterhin unterstützt, wird dann sicherlich im Stadion sein. Man könnte beinahe sagen, in seinem Stadion. Denn ohne den gebürtigen Baderslebener wäre die Spielstätte der Auerbacher nicht zu dem geworden, was sie jetzt darstellt: ein Stadion mit knapp 5000 Besuchern Kapazität, mit mehr als 1000 überdachten Sitzplätzen, mit einem neuen Funktionsgebäude inklusive VIP-Lounge und Sauna sowie Umkleiden, die auch bei höherklassigen Gästeclubs keinen Kulturschock auslösen.

Der ehemalige Oberbürgermeister Manfred Deckert hat das Engagement des VfB-Urgesteins viele Jahre, auch den Stadtrat Volkhardt Kramer, hautnah erlebt. Der Ex-Weltklasseskispringer zieht den Hut, sagt über Kramer: „Er ist das Gesicht des VfB Auerbach. Sein Abschied und der Abstieg treffen die Seele der Fans empfindlich. Gefürchtet war er bei Sponsoren. Denn wenn er abgewiesen wurde, kam er zur Hintertür wieder rein.“ Nicht nur das Klinkenputzen beherrschte Kramer. Er profitierte von einem schier endlosen Füllhorn an Ideen, die dazu beitrugen, aus wenig viel zu schaffen. Der Stadionbau ist da nur ein Beispiel: Mit 1,4 Millionen Euro Kosten war allein das Funktionsgebäude veranschlagt, 140.000 davon musste der Verein aufbringen. „Es gab in jeder neuen Bauphase Skeptiker“, erinnert er sich. Aber Kramer fand für alles eine kostengünstige und zweckmäßige Lösung, auch dank seiner vielen Kontakte. Die roten Schalensitze bekam er vom Nachbarn aus Aue, als das Erzgebirgsstadion modernisiert wurde, die Rohrtribüne im Hintertorbereich aus dem Westsachsenstadion Zwickau. Die elektronische Anzeigetafel hing zuvor im Stadion des Chemnitzer FC, der damals insolvent war. Teile der Beschallung stammen aus der Musikhalle in Markneukirchen, wo eine bessere Anlage installiert wurde.

Kramer gibt in diesem Zusammenhang gern zu, dass die Veranlagung zu einem kleinen Messie in ihm schlummert. Viel lieber hätte er natürlich den Messi ohne e am Ende ins Vogtland geholt. „Da haben wir in Auerbach im Vergleich zu einigen Konkurrenten sicher mehr in Steine als in Beine investiert. Das muss man so sagen“, meint er. Um so erstaunlicher ist, dass der VfB zehn Jahre in der Regionalliga durchhielt. Und wenn auch nicht Messi, so schnürten doch andere Stars in Auerbach ihre Töppen. Als die einstigen Bundesligaprofis Dieter Burdenski, Ronald „Ronnie“ Worm, Matthias Ruländer oder Andreas Bielau und der niederländische Ex-Nationalspieler Willy van de Kerkhof mit reamateurisiertem Status aufliefen, rauschte es medial deutschlandweit im Blätterwald. Der MDR stand mit Kamera in der Kabine, als van de Kerkhof diese betrat und sagte: „Jungs, ich bin der Willy. Heute dürfen wir auf keinen Fall verlieren!“

Eine Sensation, die wieder einer schönen Idee entsprang: Gleich nach der Wende hatte Kramer ein gesamtdeutsches Turnier mit vier Teams jeweils aus Auerbach – nämlich dem Vogtland und dem Erzgebirge sowie der Oberpfalz und Baden-Württemberg – organisiert. Als Höhepunkt der Veranstaltung samt Vereinsfest sollten die Oldies der BRD-Auswahl u. a. mit Gerd Müller und den Förster-Brüdern im VfB-Stadion auflaufen. Über Horst Hrubesch kam der Kontakt zu Burdenski, der die Oldie-Elf managte, zustande. „Die Summe war zunächst utopisch, die wir benötigten, um die Ex-Stars hierherzuholen“, erinnert sich Kramer. Aber mit Hilfe einer Diskothek, die die Hälfte der Gage übernahm, gelang der Deal. Als Bedingung wurde im Vertrag vereinbart, dass die Ex-Fußballgrößen nach dem Spiel in der Disco aufkreuzen sollten, womit Kramer bei Burdenski und Co. offene Türen einrannte. So ging im Auerbacher Stadion drei Tage der Bierhahn nicht zu. Und das ist nur eine von vielen Episoden, die Volkhardt Kramer in seinen knapp 50 Jahren in Diensten des Auerbacher Vereins erzählen kann.

Beisteller zu Volkhardt Kramer: Fußballschule und Sport-Gala

Volkhardt Kramer hat in Halle Sport und Biologie studiert. 1973 trainierte er bei der zweiten Mannschaft des Halleschen FC, kam über seine Partnerin zu Besuch in die Region. Er spielte für die BSG Einheit Auerbach Fußball und wurde 1974 Lehrer. Für die Vogtländer absolvierte er 403 Spiele in der Bezirksliga, der dritthöchsten Spielklasse der DDR.

Mit seiner Firma kümmert er sich u. a. neben der Fußballferienschule im Waldpark Grünheide auch um die Organisation der Sport-Gala im Vogtland. Zu beiden Veranstaltungen sind regelmäßig Topstars zu Gast.

In der Fußballferienschule waren das u. a. Argentiniens Mario Kempes, Weltmeister und Torschützenkönig der WM 1978, Weltmeister Gerd Müller und viele Ex-DDR-Nationalspieler um „Matz“ Vogel und Konny Weise.

Mit Frau Katrin lebt er in Auerbach. „Meine vier Enkel halten mich jung“, sagt Kramer. Veit spielt bereits in der ersten Mannschaft des VfB. Fenja ist Weltmeisterin im Cheerleading. tp