Der FC Platzwunde zeigt Biss

Auerbach.Jens Richter wusste am Mittwochabend gar nicht, wo er zuerst Hand anlegen soll: Der Physiotherapeut des VfB Auerbach war nach dem Regionalligaspiel und dem sensationellen 2:1-Sieg der Vogtländer gegen Drittligaabsteiger Chemnitzer FC ein gefragter Mann. Ein angeschlagener Spieler hier, ein Krampf da, eine Verletzung dort – die Auerbacher hatten wahrlich eine Schlacht hinter sich.

„Es war ein enorm intensives Spiel“, gestand der sichtlich geschaffte Maximilian Schmidt. Auch er war angeschlagen. Schon in der ersten Halbzeit krachte er mit einem Chemnitzer und mit Hendrik Wurr zusammen. Schmidt trug eine Platzwunde an der Stirn davon. „Wir sind ja bald der FC Platzwunde“ tönte es zur Pause daher im Spielergang, als dort Eric Träger wartete, der am ersten Spieltag ein ähnliches Schicksal erleiden musste. Doch im Gegensatz zu Träger konnte Schmidt weiterspielen, Wurr musste hingegen mit Symptomen einer Gehirnerschütterung zur Pause raus.

Dass Schmidt weiter auf dem Feld blieb und in der zweiten Halbzeit nicht nur aufgrund seines Turbans auffällig war, sondern auch eine bärenstarke Leistung vor der Abwehr zeigte, war fast schon symbolisch für diesen historischen Mittwochabend in der Arena zur Vogtlandweide. Der VfB rang die Chemnitzer regelrecht nieder – koste es, was es wolle. In der fünfminütigen Nachspielzeit, als gerade Marc-Philipp Zimmermann mit seinem zweiten Treffer (89.) den VfB erneut in Führung gebracht hatte, ging es auch für diesen nicht weiter: Ein Krampf stoppte den Torjäger genau wie Vorbereiter Thomas Stock. Jens Richter musste beide am Spielfeldrand behandeln.

„Das war ein Aufwand wie für drei Spiele“, sagte Marcel Schlosser nach dem Spiel – natürlich standesgemäß auf der Therapieliege, wo Richter dessen angeschlagenen Fuß behandelte. Kapitän Schlosser war nach 75 Minuten umgeknickt und hatte sich den Knöchel verstaucht. Das Adrenalin des packenden Spiels ließ ihn aber die Schmerzen vergessen und Schlosser verweigerte sogar eine Auswechslung, die ihm VfB-Coach Sven Köhler angeboten hatte. So schleppte er sich als Außenverteidiger über die 95 Minuten.

Vielleicht hätte Schlosser auf diesen Raubbau am eigenen Körper verzichtet, wenn die drei Punkte nicht so zum Greifen nahe gewesen wären. Denn Auerbach hatte nach einer eher schwierigeren ersten Halbzeit (Köhler: „Wir haben uns zu viele Fehlpässe geleistet“), in der der überragende Keeper Stefan Schmidt sein Team vor einem Rückstand bewahrt hatte, nach dem Seitenwechsel zugelegt. Mit noch mehr Herz ging der Außenseiter ans Werk und spielte auch seine Konter präziser aus. Die Belohnung: zwei Tore in einer dramatischen Schlussphase. In der wurde neben der Kaltschnäuzigkeit von Torjäger Zimmermann auch noch etwas anderes deutlich: Der VfB kann selbst in engen Partien auf seine jungen Spieler bauen. Mit zwei 17-Jährigen (Yannic Voigt und Moritz Seidel) sowie einem 19-Jährigen (Niklas Kubitz) und eben jenem 20-jährigen Maximilian Schmidt hatte der VfB den zweiten Durchgang bestritten. Selten zuvor hatte der VfB mit einem so jungen Team gespielt.

„Wir können einfach nur stolz sein, mit so einer Truppe das Spiel gewonnen zu haben“, sagte Schlosser. Die Mischung zwischen erfahren und jung passt, und das obwohl kurz vor dem Spiel noch Albert Löser (Leistenprobleme) ausgefallen war und Zugang Paul Horschig noch einen zu großen Trainingsrückstand hat, der daher auch nur auf der Bank Platz nehmen musste.

Allerdings stellt sich nach dem Sieg die Frage: Wie kann der VfB diesen hohen Aufwand verdauen? Denn schon am Samstag, 13.30 Uhr steht das nächste Regionalligaspiel an. Bei Optik Rathenow trifft der VfB auf einen Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt. „Natürlich können wir nicht alle drei Tage so einen Aufwand betreiben“, weiß Maximilian Schmidt. „Auch weil wir alle neben dem Fußball noch arbeiten gehen. Wir müssen daher schauen, dass wir schnell regenerieren.“ Und auch die großen und kleinen Verletzungen auskurieren.

Der Kapitän geht als harter Hund voran: Schlosser will in Rathenow spielen. „Zwei Tage werde ich meinen Fuß kühlen, am Samstag geht es weiter. Wenn der Trainer mich aufstellt, spiele ich.“ Sein Statement ist auch ein Zeichen an die jungen Spieler, wie der Wind im Regionalliga-Team des VfB weht. „Ich bin zwar erst sechs Jahre hier“, sagt Schlosser, „aber es war in den neun Regionalliga-Jahren beim VfB immer so, dass dieser Aufwand betrieben werden musste. Wir müssen damit zurechtkommen.“ Und eben auch mal mit ein paar Schmerzen mehr.

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