Als der VFC Plauen Geschichte schrieb

Von Karsten Repert
Plauen.DessauThaleWeimarSuhlSömmerdaMeißen – die Liste der untergegangenen Zweitligastandorte des DDR-Fußballs ließe sich noch verlängern. Bei den Mannschaften aus der früheren Bezirksliga Karl-Marx-Stadt sieht es vielerorts noch düsterer aus. Umso erstaunlicher, dass sich ausgerechnet für Plauen mit dem Niedergang der DDR das Tor zur richtigen Fußballwelt öffnete. Das lag an 15 verbliebenen Helden, die vor 30 Jahren etwas eigentlich Unmögliches möglich machten.

„Es war wirklich so. Wir hatten nur 15 Kicker. 13 Feldspieler und zwei Tormänner“, beteuert Peter Weck, der immer wieder diese Frage beantworten muss. Der Trainer von damals schwärmt von seinen Jungs der ehemaligen BSG Motor Wema/ Aufbau, die am 22. Juni 1990 dem neu gegründeten VFC Plauen beitraten. Personell gesehen waren zu jener Zeit vor allem die „Mittelklassevereine“ am Abnippeln. Zum einen lockte im Westen jede A-Klasse-Sportgemeinschaft mit ein paar netten Scheinen und tollen Trainingsbedingungen. „Und bei uns im Vogtland hatte die gesellschaftliche Entwicklung den Fußball in seiner Wahrnehmung völlig an den Rand gedrückt“, erinnert sich Peter Weck. Er hatte seinerzeit die Mannschaft vom inzwischen verstorbenen Heinz Müller übernommen.

In der neu gegründeten Sachsenliga verloren die Plauener zwar das Auftaktspiel am 8. September 1990. VFC-Historiker Volker Herold: „Die Spielvereinigung Zschopau besiegte uns 2:1. Das blieb für unsere Jungs die einzige Niederlage der Hinrunde. Urplötzlich war Plauen Herbstmeister!“ Peter Weck weiß noch genau, wie schwer das seinen Fußballern fiel. Doch der VFC schaffte in Thalheim und zu Hause gegen Gröditz jeweils ein 2:2-Unentschieden, und zum Auftakt der Rückrunde gab es gegen Zschopau ebenso ein 0:0-Remis. Auch die Niederlage im Vogtlandstadion gegen Wismut Pirna-Copitz (0:1) und die 2:2-Unentschieden in Zittau und zu Hause gegen Grimma waren nur kleinere Rückschläge. Mit einer Serie von sieben Siegen in Folge – der höchster Erfolg war ein 4:0 gegen den FSV Wurzen – feierte der VFC Plauen am Ende die souveräne Meisterschaft.

Sogar das Fachmagazin „Kicker“ berichtete damals. Plauen lag in der Tabelle nach 15 Siegen, fünf Unentschieden und zwei Niederlagen mit 35:9 Punkten und 45:20 Toren uneinholbar vorn. Die Verfolger – der SSV Fortschritt Neustadt (29:15 Punkte/45:29 Tore) und die SpVgg Zschopau (28:16/42:20) – konnten nicht mithalten. Der VFC war damit der erste Fußball-Sachsenmeister nach der politischen Wende. Insgesamt trugen sich 13 Kicker in die Torschützenliste ein. Uwe Hahn avancierte mit 16 Treffern zum Torschützenkönig. Den fehlenden Punkt zum Titel feierten vor 30 Jahren 1000 Zuschauer im Vogtlandstadion.

Der ebenfalls inzwischen verstorbene Berichterstatter Gottfried Indlekofer erinnerte sich später: „Das gewachsene Leistungsvermögen der Mannschaft kam damals auch in der Fair-Play-Wertung zum Ausdruck. Die Mannschaft beklagte keinen einzigen Platzverweis. Sie hatte immer eine sportliche Lösung.“ Und so ging’s weiter: „Dass wir mit unserer Mini-Mannschaft in der Amateur-Oberliga nicht mithalten konnten, haben wir dann schnell zu spüren bekommen. In der höchsten Amateurklasse Deutschlands tummelten sich lauter prominente Vereine. Die waren eine Nummer zu groß für uns“, erinnert sich Peter Weck an das Folgejahr.

Voller Stolz aber darf seine Mannschaft für sich behaupten, dass sie das Tor zur großen Fußballwelt aufgestoßen hatte. Plauen wurde urplötzlich überregional wahrgenommen. Die Stadt hatte Blut geleckt. Der Verein wurde interessant für Sponsoren, die zunächst aus dem Westen kamen. Und es wechselten in den Folgejahren auch gute Fußballer nach Plauen. Ohne diesen ersten Sachsenmeistertitel nach der Wende wäre das alles wahrscheinlich so nie passiert.

Der VFC Plauen 1990/1991Trainer:Peter Weck. Co-Trainer: Andreas Meyer. Manager: Peter Fränkel. Mannschaftsarzt: Dr. Normann Haßler. Spieler: Henry Scheithauer, Jens Golle, Uwe Hahn (Kapitän), Lothar Goller, Stefan Häußler, Mathias Köhler, Jens-Peter Zschach, Jens Dick, Ron Orlamünder, Peter Georgi, Thomas Wolfrum, Jens Gühl, Robby Doege, Thomas Sesselmann, Mario Wülfert. Anschlusskader: Thomas Leutloff, Frank Wunderlich

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